Wissenschaftliche Abhandlungen

Das Profil der Osteopathischen Patienten

von Thomas Klein, D.O. (Diplomarbeit)

 

Einleitung

Wissenschaftliche Disziplinen bedürfen statistischer Aussagen und epidemiologischer Datenerhebungen um ihre Ergebnisse hinsichtlich Reliabilität und Validität objektivieren zu können. Zur Etablierung der Osteopathie auf wissenschaftlicher Grundlage, die, wie bereits in den USA Wirklichkeit, neben der herkömmlichen Schulmedizin gleichberechtigt existiert, bedarf es Grundlagenforschungen, die sich moderner biometrischer Verfahren bedienen und auf denen klinische Studien aufbauen können. (JOHNSON, 1998)

 

Epidemiologische Datenerhebungen im Bereich der Osteopathie sind faktisch kaum existent. Spärlich sind prospektiv angelegte Outcome-Studien, die Querschnittserhebungen genüge tun.

 

Die hier vorliegende Arbeit stellt eine fundamental-wissenschaftliche Betrachtung dar und soll einen entscheidenden Beitrag zur Profilsicherung eines Osteopathie in Anspruch nehmenden Patienten zeichnen. Grundlage hierfür ist die klinische Epidemiologie, die „eine Wissenschaft der Erstellung von Vorhersagen zu individuellen Patienten durch Zählung klinischer Ereignisse bei ähnlichen Patienten unter Nutzung streng wissenschaftlicher Methoden für Untersuchungen an Patientengruppen um zu sichern, daß die Vorhersagen genau sind“ ist. (FLETCHER, 1999)

 

Anhand dieser Daten können in anderen Therapieschemata zur Anwendung bringende Studien systematische Fehler und Zufälle abgeschätzt und ausgemerzt werden. Klinisch in diesem Zusammenhang bedeutet klinische Beobachtung und Verwendung klinisch erprobter Behandlungsverfahren, die mit den Methoden der Epidemiologie, welche das Schicksal eines einzelnen individuellen Patienten in Zusammenhang mit einer größeren Population bringt, in Einklang gebracht werden. (GERLACH, 1998; GAWLIK, 1998) Mit Hilfe dieser epidemiologischen Studien kann erst eine Evidenz basierte Medizin auf Grundlage systematischer Übersichtsarbeiten entstehen, die wiederum biostatische Meta-Analysen erlauben. (ANTES, 1998)

 

Diese Studie zielt nicht auf Therapieergebnisse bezüglich wissenschaftlich eindeutig zu definierender Diagnosen mit reproduzierbaren Therapieschemata ab. Überprüfung von Wirksamkeit und Therapieerfolg singulärer osteopathischer Techniken hätte ein grundverschiedenes Studiendesign erfordert. Die heterogene Zusammensetzung eines osteopathischen Patientenkollektivs mit ausgeprägten inter- und intraindividuellen Differenzen hinsichtlich des vorzufindenden Beschwerdebildes und entsprechend zu adaptierenden Therapien macht einheitliche, statistisch zu sichernde Behandlungsschemata im Unterschied zu schulmedizinischen Vorgehensweisen schwierig realisierbar.

 

Im europäischen Raum gibt es eine Vielzahl hervorragender Studien, die sich dezidiert mit anatomischen und physiologischen Grundlagen beschäftigen, in der Überprüfung der Wirksamkeit muß aus den Zwängen von zumeist Privatpraxen heraus auf vorselektierte mit Stichprobenbias behaftete Populationen zurückgegriffen werden, wobei im Idealfall randomisierte Kontrollgruppen schon aus ethischen Gründen nicht vertretbar sind. In den letzten Jahren fand innerhalb der wissenschaftlichen Statistik die subjektive Einschätzung seitens der zu Therapierenden ein zunehmendes Interesse, subjektive Parameter wie Schmerzfreiheit, Lebensqualität, Wohlbefinden u.ä., wurden verstärkt als Hauptkriterien zur Wirksamkeitsbeurteilung von Therapieschemata verwandt.

 

Wissenschaftliche Belege zum Nachweis von Hypothesen konnten im Rahmen der Beobachtungsmedizin nicht mit klinisch kontrollierten Studien angegangen werden, sondern bedurften Methoden der deskriptiven Statistik. Formalisierte Schemata sind erforderlich um Koinzidenz, systematische Verfälschung, therapieimmanente Fehler, Trugschlüsse und Wunschdenken soweit wie möglich aufzudecken und eliminieren zu können. Beobachtungsstudien sind von ihrer wissenschaftlichen Beweiskraft kritisch zu bewerten, Placebo und Hawthorne-Effekt und natürlicher Verlauf in die Bewertung als möglicherweise verfälschende und nicht eliminierbare Elemente miteinzubeziehen. (HAUNSTEIN, 1998)

 

Unter Beachtung dieser Prinzipien stellen klinische Beobachtungsstudien auf epidemiologischer Grundlage mangels Anwendung anderer statistischer Methoden hervorragende Instrumente zum Nachweis der klinischen Wirksamkeit osteopathischer Behandlungstechniken dar.

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